Viele Menschen leben in der Zugewinngemeinschaft und machen sich zu wenige Gedanken darüber, wie sich dieser Güterstand auf das Erben, das Erbrecht und die Erbfolge auswirkt. Tatsächlich macht es einen entscheidenden Unterschied, in welchem Güterstand Sie während der Ehe gelebt haben. In diesem Beitrag erfahren Sie, was die Zugewinngemeinschaft ist, wie sich ein Erbe auf den Zugewinnausgleich auswirkt und wer wie viel im Todesfall erbt.
Die Zugewinngemeinschaft ist der in Deutschland mit Abstand am weitestens verbreitete Güterstand. Der Güterstand trifft eine Aussage über die Vermögensverhältnisse während der Ehe und die vermögensrechtliche Auseinandersetzung für den Fall, dass die Ehe durch den Tod eines Ehepartners oder eine Scheidung beendet wird.
Die Zugewinngemeinschaft ist der ordentliche Güterstand – bedeutet: Sie leben stets in der Zugewinngemeinschaft, sofern Sie nichts Anderweitiges in einem Ehevertrag vereinbart wird.
Grundsätzlich bleiben die Vermögender Eheleute während der Ehe vollständig getrennt. Es gibt keine gemeinsame Vermögensmasse. Erst am Ende der Ehe kommt es zum sogenannten Zugewinnausgleich. Durch diesen wird die Vermögenssteigerung während der Ehe ausgeglichen. Fraglich ist, wie sich eine Erbschaft auf den Zugewinnausgleich auswirkt und wie der überlebende Ehegatte erbt, wenn während der Ehe die Zugewinngemeinschaft der gewählte Güterstand wäre.
Wie bereits erwähnt, zeichnet sich die Zugewinngemeinschaft dadurch aus, da ss während der Ehe zwei getrennte Vermögensmassen gibt. Dies ist im § 1363 Abs. 2 BGB geregelt. Schließt ein Ehepartner beispielsweise einen Vertrag ab, so ist er / sie alleiniger Schuldner. Lediglich wenn der Vertrag (bspw. Kredit für ein gemeinsames Haus) von beiden Ehegatten abgeschlossen wird, kommt es zu einer Gesamtschuld, die beide Eheleute in die Haftung nimmt.
Trotzdem können Sie nicht uneingeschränkt über Ihr Vermögen verfügen. Sollten Sie beispielsweise Ihr gesamtes Vermögen verschenken wollen, so muss gem. § 1365 BGB der Ehepartner zustimmen. Besitzen Sie beispielsweise einzig und allein ein Grundstück im Wert von 100.000 Euro, so können Sie dieses nicht einfach verschenken. Anders sieht es aus, wenn Ihnen daneben ein Barvermögen in Höhe von 50.000 Euro zusteht. Diese Beschränkungen werden auch Verfügungsbeschränkungen genannt. Verstößt ein Ehegatte gegen diese Beschränkung, so macht er / sie sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig.
Die Zugewinngemeinschaft ist der einzige Güterstand, der nicht gesondert vereinbart werden muss. Bedeutet: wenn Sie standesamtlich heiraten, leben Sie automatisch in der Zugewinngemeinschaft. Das ist sogar im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt (ordentlicher Güterstand). Übrigens treten die güterrechtlichen Regelungen Bestimmungen erst dann in Kraft, wenn die Ehe rechtsverbindlich geschlossen wurde.
Für den Fall, dass die Ehe durch Scheidung / Trennung endet, stellt sich die Frage, wie sich ein Erbe, welches während der Ehe einem Ehepartner zugekommen ist, auf den Zugewinnausgleich auswirkt. Grundsätzlich gilt: Errungenschaften sind Vermögenswerte, die erst während der Ehe erwirtschaftet wurden. Eine Erbschaft mehrt das Vermögen. Und trotzdem zählt sie nicht zum Zugewinn. Das hat damit zu tun, dass die Erbschaft das Vermögen des Erben bereichern soll. Ein Anspruch des Ehepartners des Erben ist nicht gewollt. Dementsprechend wird ein Erbe auf das Anfangsvermögen angerechnet. Das bedeutet konsequenterweise, dass eine Erbschaft keinen Einfluss auf den Zugewinnausgleich hat.
Stellen Sie sich vor, Sie haben zum Zeitpunkt der Heirat ein Vermögen von 50.000 Euro. Während der Ehe erben Sie 70.000 Euro und verfügen zum Zeitpunkt der Scheiung über ein Vermögen in Höhe von 150.000 Euro. Ihr Ehepartner hatte zu Anfang 50.000 Euro und zur Scheidung 100.000 Euro. Eine Erbschaft ist ihm / ihr nicht zugekommen. Ihr Ehepartner hat einen Zugewinn von insgesamt 50.000 Euro und dementsprechend steht Ihnen – trotz höherem Endvermögen und Erbschaft – ein Zugewinnausgleich zu. Wie genau Sie den Zugewinnausgleich berechnen, können Sie im Beitrag Zugewinnausgleich berechnen nachlesen.
Der Anspruch auf den Zugewinnausgleich ist in §1371 BGB geregelt. Für den Fall, dass die Ehe durch den Tod eines Ehepartners endet, gibt es insgesamt drei Möglichkeiten, wie das Erbe verteilt werden kann:
Fraglich ist, wem überhaupt der Pflichtteil im Erbfall zusteht.
Der Pflichtteil in der Zugewinngemeinschaft bestimmt sich nach einer einfachen Formel: Gesetzliche Erbquote / 2 = Pflichtteil. Diese grundsätzlich einfache Berechnungsgrundlage lässt sich anhand des folgenden Fallbeispiels anschaulich darstellen.
Stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrem Partner verheiratet und leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. In Ihrem Testament haben Sie aus persönlichen Gründen Ihre zwei Kinder enterbt und Ihren Ehegatten als Alleinerben eingesetzt. Trotzdem steht Ihren Kindern der Pflichtteil zu. Nach gesetzlicher Erbfolge stünden Ihrem Gatten ½ zu und den Kindern die andere Hälfte. Diese Hälfte teilt sich zwischen den zwei Kindern auf, sodass jedem Kind ¼ zustehen würde. Nach der oben genannten Formel stehen jedem Kind ⅛ des Vermögens als Pflichtteil zu.
In dieser Tabelle haben wir für Sie nochmal die geläufigsten Situationen zusammengefasst und mit konkreten Beispielen versehen:
| Erbfolge | Zusammensetzung | Beispiele | Beispiel bei 100.000 Euro Vermögen zum Zeitpunkt des Todes |
|---|---|---|---|
| Gesetzliche Erbfolge | Erbe nach gesetzlicher Erbquote + pauschaler Zugewinnausgleich (¼) | Erbquote: mit Kindern = ¼ ohne Kinder = ½ Gesamterbe: mit Kinder = ½ ohne Kinder = ¾ Alleinerbe = 100 % | Erbquote: mit Kindern = 25.000 Euro ohne Kinder = 50.000 Euro Gesamterbe: mit Kindern = 50.000 Euro ohne Kinder = 75.000 Euro Alleinerbe = 100.000 Euro |
| Enterbung | Anspruch lediglich auf den Pflichtteil + konkreter / tatsächlicher Zugewinnausgleich | Erbquote / 2 = Pflichtteil: mit Kindern = ⅛ ohne Kinder = ¼ + Zugewinnausgleich konkret (individuell) | Gesamterbe: mit Kindern = 12.500 Euro ohne Kinder = 25.000 Euro Zugewinnausgleich muss individuell berechnet werden und wird zum Pflichtteil angerechnet |
| Testament | Erbt nach Bestimmungen des Testaments – Pflichtteil muss stets geleistet werden. Vollständige Enterbung ist damit nicht möglich (Testierfreiheit wird eingeschränkt). | Festgelegt: 33 % an die Ehegatte 33 % an Kind 1 33 % an Kind 2 | Gesamterbe: Ehegatte = 33.333 Euro Kind 1 = 33.333 Euro Kind 2 = 33.333 Euro |
Wer sein Vermögen nach dem Tod richtig verteilen möchte, der sollte sich frühzeitig darum kümmern, seinen letzten Willen in einem Testament festzuhalten. Damit rechtliche klare, eindeutige Regelungen getroffen werden und es nicht zum Streit zwischen den Erben kommt, sollten Sie sich diesbezüglich von einem Anwalt für Familienrecht beraten lassen. Dieser unterstützt Sie unter anderem dabei Ihr Testament erstmals aufzusetzen oder im Bedarfsfall abzuändern. Seien Sie sich jedoch bewusst, dass auch der letzte Wille gesetzlichen Bestimmungen unterliegt, dass Sie beispielsweise nicht verhindern können, dass Ihrer Ehefrau zumindest der Pflichtteil zusteht. Schon vor der Eheschließung kann sich der Besuch beim Anwalt lohnen. Wer hier frühzeitig plant, hat sich abgesichert und muss sich keine Sorgen mehr um den Verbleib bzw. die Verteilung seines hart erarbeiteten Vermögens machen.
Der Pflichtteil wird in jedem Fall geerbt. In diesem Sinne wird hier in die Testierfreiheit des Erblassers eingegriffen. Sinn und Zweck ist es den überlebenden Partner wirtschaftlich abzusichern. Der Pflichtteil fällt erheblich niedriger aus, als die gesetzliche Erbquote. Konkret: der Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs. Mit Kindern liegt der Pflichtteil bei ⅛ der Erbmasse und ohne Kinder bei ¼.
Die Zugewinngemeinschaft ist der ordentliche Güterstand und zeichnet sich dadurch aus, dass die Vermögensmassen der Eheleute während der Ehe getrennt bleiben. Erst bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung muss der Zugewinn (der während der Ehe angewachsen ist) ausgeglichen werden. Auch wenn ein Ehepartner verstirbt, ist ein Zugewinnausgleich prinzipiell vorgesehen. Dieser liegt aber in der Regel pauschal bei ¼ des Gesamtvermögens.
Nein. Eine Erbschaft, die einem Ehepartner allein zukommen soll / zusteht, zählt nicht zum Zugewinn. In der Praxis wird die Erbschaft dem Anfangsvermögen angerechnet. Bedeutet konkret: sollten Sie erben und sich scheiden lassen, so besteht kein Anspruch des Ehegatten auf einen Teil des Erbes.
Unsere juristische Redaktion erarbeitet jeden Artikel nach strengen Qualitätsrichtlinien hinsichtlich Inhalt, Verständlichkeit und Aufbereitung der Informationen. Auf diese Art und Weise ist es uns möglich, Ihnen umfassende Informationen zu unterschiedlichsten Rechtsthemen zu bieten, die jedoch lediglich eine erste Information darstellen und keine anwaltliche Beratung ersetzen können.
Wenn Sie dieses YouTube/Vimeo Video ansehen möchten, wird Ihre IP-Adresse an Vimeo gesendet. Es ist möglich, dass Vimeo Ihren Zugriff für Analysezwecke speichert.
Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung
[finditoo-listing-email-link]