Ablauf des Verfahrens bei weiter Entfernung zum zuständigen Gericht
Wenn man nicht in dem Land lebt, in welchem die Scheidung durchgeführt wird, gibt es einige Möglichkeiten, um die Scheidung zu vereinfachen und lange Anreisezeiten zu vermeiden. Leben Sie zum Beispiel im Ausland und Ihre Scheidung findet in Deutschland statt, so können die Vorbereitungen auch online mit Hilfe eines deutschen Rechtsanwalts getroffen werden. Wenn es dann zum Scheidungstermin kommt, ist eine persönliche Anhörung beider Ehegatten verpflichtend. Man sollte dem Gericht daher frühzeitig mitteilen, ob und wann ein Aufenthalt im Land des Gerichtsortes geplant ist. Dementsprechend kann das Gericht dann den Verhandlungstermin ansetzen. Wenn kein Aufenthalt im jeweiligen Land geplant ist, kommen jedoch auch Alternativen in Frage.
Bei weiter Entfernung zum Land, in welchem sich das Gericht befindet, kann die Anhörung auch am Wohnort erfolgen – entweder durch einen beauftragten Richter oder auf der entsprechenden Botschaft. Ist also ein deutsches Gericht für die Scheidung zuständig, während einer der Partner zum Beispiel in Russland lebt, so kann dessen Anhörung auf einer deutschen Botschaft erfolgen. Die für die Scheidung erforderlichen Schriftstücke werden dann ebenfalls ans Ausland gesandt und müssen oftmals auch in die dortige Landessprache übersetzt werden. Dadurch können sich solche Scheidungen oft sehr langwierig gestalten. Um das zu vermeiden, kann man einen sogenannten Zustellungsbevollmächtigten festsetzen. Das kann irgendeine in Deutschland lebende Person des Vertrauens mit Ausnahme des Ehegatten und dessen Anwalt sein. Sie können zum Beispiel Ihren Anwalt darum bitten – Dieser erhält dann die Schriftstücke vom Gericht.
Auch bei geringeren Entfernungen kann in manchen Fällen ein anderes Gericht für die Anhörung in Frage kommen. Wenn der Partner sich zum Beispiel in einem Nachbarland befindet, so kann dieser versuchen, das Gericht dazu zu bewegen, dass seine Anhörung in einem grenznahen Gericht stattfindet und so seine Anreisezeit verkürzen. In einigen Fällen kann es für das Gericht auch ausreichen, dass der im Ausland lebende Gatte eine schriftliche Erklärung übermittelt. Eine solche Erklärung beinhaltet die Verkündung des Scheidungs Willens samt Zeitpunkt und Umständen der Trennung und muss außerdem beglaubigt sein.
Geltendes Scheidungsrecht bei internationalen Scheidungen
Das Gericht, in welchem die Scheidung eingereicht wird, ist auch für das Verfahren zuständig. Dennoch kann es sein, dass nicht das in diesem Land geltende Scheidungsrecht zur Anwendung kommt. Die Zuständigkeiten für das anzuwendende Recht richten sich nämlich wiederum nach anderen Kriterien. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, sich schon davor – also bevor die Scheidung eingereicht wird – mit der Rechtslage im jeweiligen Land zu beschäftigen. Je nach Land können nämlich auch unterschiedliche Vorgaben bezüglich der Scheidungsvoraussetzungen bestehen.
Ähnlich wie die Zuständigkeit der Gerichte durch die EU geregelt ist, gibt es auch bezüglich des Scheidungsrechts eine Übereinkunft zwischen den Ländern der EU. Auch hier sind aber nicht alle Länder der EU automatisch inbegriffen. Die Rom-III-Verordnung bezieht sich auf die folgenden Länder: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Ungarn.
Rechtswahl der Ehegatten
Wenn ein Bezug zu einem der Länder, die in der Rom-III-Verordnung erfasst sind, besteht, dann können die Eheleute selbst wählen, welches Recht für ihre Scheidung gelten soll. Die Rechtswahl muss immer einvernehmlich sein, das heißt, beide müssen damit einverstanden sein. Um die Rechtswahl geltend zu machen, muss eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden und von beiden unterzeichnet werden. In Deutschland muss die Vereinbarung zusätzlich notariell beurkundet werden. Es sollte also in jedem Fall geprüft werden, ob im jeweiligen Land spezielle Vorgaben bezüglich der Formalitäten bei der Rechtswahl bestehen. Die Rechtswahl sollte bei Anrufung des Gerichts schon vorliegen. In manchen Ländern kann diese aber auch noch während des Scheidungsverfahrens getroffen werden. Sie können dann unter folgenden Ländern wählen:
- Das Land, in welchem beide Gatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
- Das Land, in welchem die Partner zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, wenn einer der beiden aktuell noch dort lebt.
- Das Land, zu welchem zum Zeitpunkt der Rechtswahl ein Bezug durch Staatsangehörigkeit seitens eines der Gatten besteht.
- Das Land, in welchem die Scheidung eingereicht wird.
Bevor man sich für eines der Länder entscheidet, ist es empfehlenswert, gründlich abzuwägen, welches Scheidungsrecht am vorteilhaftesten ist. Zwischen den verschiedenen Ländern können große Unterschiede bestehen. Das fängt zum Beispiel schon bei den Scheidungsvoraussetzungen an: In Deutschland ist ein Trennungsjahr vor einer Scheidung vorgesehen, während es in Frankreich ausreicht, wenn beide Gatten mit einer Scheidung einverstanden sind. Auch bezüglich der Scheidungsfolgen wie zum Beispiel Unterhalt können erhebliche Unterschiede bestehen.
Was, wenn keine Rechtswahl getroffen wurde?
Für den Fall, dass die Partner keine Rechtswahl getroffen haben, entscheidet sich das anzuwendende Scheidungsrecht vorrangig nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Haben die Gatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, so wird die Scheidung nach dem Recht dieses Landes durchgeführt.
Wenn kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt besteht, so gilt das Scheidungsrecht desjenigen Landes, in welchem die Gatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten – jedoch muss der gewöhnliche Aufenthalt für einen der Partner weiterhin bestehen und darf für den anderen nicht länger als ein Jahr zurückliegen. Treffen oben genannte Punkte nicht zu, dann richtet sich das anzuwendende Scheidungsrecht nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten. Bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit kommt das Recht desjenigen Landes, in welchem die Scheidung eingereicht wurde, zur Anwendung.
Land ist nicht durch Rom-III-Verordnung erfasst
In diesem Fall richtet sich das anzuwendende Recht nach dem nationalen Recht. Für Deutschland gibt es gewisse Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit die internationale Scheidung einer Ehe nach deutschem Recht erfolgen kann: Zum einen wäre das die deutsche Staatsangehörigkeit beider Ehepartner, auch wenn ein Gatte mehrere Staatsangehörigkeiten hat. Es reicht auch aus, wenn einer der beiden die deutsche Staatsangehörigkeit hat – jedoch müssen beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in unterschiedlichen Ländern haben oder ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land haben, dem keiner der beiden angehört. Wenn keiner dieser Punkte zutrifft, kann in manchen Fällen trotzdem deutsches Scheidungsrecht angewendet werden – und zwar dann, wenn:
- eine deutsche Staatsangehörigkeit beider Gatten besteht oder diese während der Ehe bestand, wobei einer von beiden nach wie vor die deutsche Staatsangehörigkeit hat.
- der gewöhnliche Aufenthalt beider in Deutschland ist oder zuletzt in Deutschland war, wobei einer von beiden nach wie vor in Deutschland lebt.
- für beide Eheleute eine sehr enge Verbindung zu Deutschland besteht (zum Beispiel weil ihre Muttersprache Deutsch ist)
Was, wenn der Partner im Ausland nicht reagiert?
Es kann vorkommen, dass der im Ausland lebende Partner nicht auf die Scheidung reagiert, obwohl ihm bereits mehrfach gerichtliche Ladungen zugesandt wurden, und er auch nicht zur Anhörung erscheint. In solchen Fällen kann das Gericht die Scheidung auch ohne Anwesenheit des Partners beschließen. Jedoch muss dafür auch nachgewiesen werden, dass ausreichende Bemühungen bestanden, den Partner zu kontaktieren und in das Verfahren einzubinden. Die wiederholten Zusendungen an den Partner müssen ordnungsgemäß erfolgt sein. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass mehrere Versuche unternommen wurden, den Partner ausfindig zu machen – zum Beispiel, indem Bekannte, Angehörige oder Arbeitgeber des Partners befragt wurden. Auch Versicherungen können über den Aufenthaltsort Auskunft geben.
Anerkennung der Scheidung im Ausland
Eine Scheidung, die in dem einen Land durchgeführt wurde, wird oft von einem anderen Land nicht ohne weiteres anerkannt. Wenn Ihre Scheidung im Ausland durchgeführt wurde und nicht in Deutschland anerkannt wird, gelten Sie weiterhin als verheiratet und können zum Beispiel nicht erneut heiraten. Soll eine Scheidung, die im Ausland vollzogen wurde, in Deutschland wirksam werden, so muss diese erst durch die Landesjustizverwaltung anerkannt werden. Das Anerkennungsverfahren muss dazu beim zuständigen Oberlandesgericht beantragt werden.
Ist Ihre Scheidung jedoch innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks) vollzogen worden, so ist in der Regel kein Anerkennungsverfahren notwendig – Ihre Scheidung ist in allen Mitgliedsstaaten wirksam. Auch Scheidungen, die im Heimatstaat vollzogen wurden, müssen kein solches Verfahren durchlaufen. Haben die Gatten also eine gemeinsame Staatsangehörigkeit im Ausland und lassen sich in diesem Land scheiden, so ist die Scheidung auch in Deutschland gültig.
Wie kann ein Anwalt für Familienrecht helfen?
Eine internationale Scheidung kann sehr komplex sein und es gibt zahlreiche mögliche Sachlagen, die einer genauen Betrachtung des jeweiligen Falls bedürfen. Wenn sich die Zuständigkeiten der Gerichte überschneiden und Sie somit zwischen verschiedenen Ländern wählen können, lohnt es sich, wenn Sie dies mit einem Anwalt besprechen, bevor Sie eine Entscheidung treffen. So können Sie die unterschiedlichen Möglichkeiten im Detail vergleichen und erfahren auch alles, was Sie zum jeweiligen Ablauf des Scheidungsverfahrens wissen müssen.
Auch wenn es darum geht, eine Rechtswahl zu treffen, kann die Expertise eines Anwalts bei der Entscheidungsfindung große Vorteile mit sich bringen: Sie können herausfinden, welchen Einfluss das jeweilige Scheidungsrecht auf Ihre Scheidung nimmt und auf dieser Grundlage dasjenige Land auswählen, welches am förderlichsten für Ihre Anliegen ist. Ihr Anwalt wird Ihren Fall eingehend prüfen und Ihnen mitteilen, ob Sie die im betreffenden Land geltenden Voraussetzungen für eine Scheidung mitbringen. Sie werden Schritt für Schritt auf das Verfahren vorbereitet und dahingehend unterstützt, dass die Scheidung möglichst rasch und komplikationslos vonstatten geht.