Sonderfälle: Keine Scheidung trotz Erfüllung der Voraussetzungen
Es gibt auch besondere Situationen, in welchen man zwar unweigerlich vom Scheitern der Ehe sprechen kann, das Gericht aber trotzdem beschließt, dass die Verbindung aufrechterhalten werden soll. Das ist nachzulesen in § 1568 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Dort heißt es:
„Die Ehe soll nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint.“ In solchen Fällen findet eine sorgfältige Abwägung vor Gericht statt. Diese sogenannte Härteklausel kommt also nur in ganz seltenen Fällen zum Einsatz, nämlich dann, wenn eine ernsthafte Gefährdung für das Kindeswohl oder für einen der Eheleute vorliegt.
Hier noch einmal zur Veranschaulichung:
Art der Scheidung | Ausgangslage | Scheidungsvoraussetzungen |
einvernehmlich | Beide wollen die Scheidung | 1 Trennungsjahr | Kein weiterer Nachweis nötig |
streitig | Nur einer will die Scheidung | bis zu 3 Trennungsjahre | Verkürzung bei Nachweis von Scheidungsgründen |
Härtefall mit Scheidung | Unzumutbare Härte für einen der Partner | < 1 Trennungsjahr | Nachweis einer unzumutbaren Härte erforderlich |
Härtefall ohne Scheidung | Außergewöhnliche Umstände für Partner / Interessen der Kinder | Keine Bewilligung der Scheidung, obwohl die Voraussetzungeng egeben wären |
Wie kann ein Anwalt für Familienrecht helfen?
Auch wenn man über die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung informiert ist, kann es im Einzelfall schwierig sein, zu einer sicheren Einschätzung zu kommen. Das ist besonders bei streitigen Ehe Verhältnissen der Fall – umso mehr, wenn Sie beabsichtigen, das Scheidungsverfahren schon zu einem früheren Zeitpunkt abzuschließen. Wenn beide einverstanden sind, genügt ein Anwalt für die Einreichung des Scheidungsantrags. Für weitere Verfahrenspunkte, die mit der Scheidung in Zusammenhang stehen („Folgesachen“ wie z.B. Unterhalt oder Sorgerecht), empfiehlt es sich jedoch, einen Anwalt zu engagieren, damit dieser Ihre Interessen auch durchsetzen kann.
Auch bezüglich der Ausnahmefälle kann oft Unsicherheit bestehen. Kann in meinem Fall von einer Härtefallscheidung gesprochen werden? Und wenn ja – Wie kann ich das vor Gericht beweisen? Welche Chancen habe ich auf eine frühzeitige Scheidung, obwohl mein Partner mich einfach nicht loslassen möchte? Wie kann ich vor Gericht beweisen, dass es wirklich keine Hoffnung mehr für die Ehe gibt? Die Sichtweise eines Anwalts kann Ihnen dabei behilflich sein, Antworten auf solche Fragen zu erhalten und sich bestmöglich auf ein Scheidungsverfahren vorzubereiten.