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Streitwert Scheidung § Rechtslage, Definition & Berechnung

Der Streitwert einer Scheidung ist ein Begriff, der heute im Familienrecht gar nicht mehr einschlägig ist. Er wurde im Jahr 2009 von dem Begriff des Verfahrenswertes abgelöst. Dieser Wert trifft eine Aussage darüber, wie die Aspekte und Vermögenswerte, die im Scheidungsverfahren betrachtet werden, geldwert zu beziffern sind. Somit müssen Sie wissen, wie hoch der Wert ihres Verfahrens ist, um erahnen zu können, welche Scheidungskosten auf Sie zukommen. In diesem Beitrag erfahren Sie, aus welchen Positionen sich der Verfahrenswert zusammensetzt und wie Sie ihn abschätzen können. Am Ende finden Sie eine beispielhafte Rechnung, die dieses Berechnungsmodell anschaulich darstellt.

Inhaltsverzeichnis

Rechtslage & Definition: Streitwert / Verfahrenswert

Verfahren vor einem deutschen Gericht, gehen immer mit Kosten einher. Um diese Kosten berechnen zu können, wird der sogenannte Streitwert oder Verfahrenswert des anhängigen Verfahren herangezogen.

Im deutschen Familienrecht ist die Bezeichnung Streitwert jedoch irreführend, denn hier spricht der Experte korrekt vom Verfahrenswert oder Gegenstandswert, also dem Wert, aller im Scheidungsverfahren geregelten Werte. Der Begriff Streitwert bezieht sich somit auf zivilrechtliche Prozesse, in denen Streitpunkte durch das Gericht geregelt werden müssen.

Ob in einem zivilrechtlichen Prozess oder bei einem Scheidungsprozess, es ist wichtig zu verstehen, dass der Wert eines Gerichtsverfahrens nicht mit den Verfahrenskosten gleichzustellen ist. Der Gegenstandswert eines Gerichtsverfahrens stellt die Berechnungsgrundlage für die, mit dem Verfahren einhergehenden, Gerichtskosten und Anwaltskosten dar. Die Abgrenzung zwischen dem Verfahrenswert und den anfallenden Kosten lässt sich daher wie folgt benennen:

  • Verfahrenskosten = Anfallende Kosten für Gericht, Anwalt und ggf. Gutachter etc.
  • Verfahrenswert = Wert, über den vor Gericht “verhandelt” wird
Familienrechtliche Reform: Seit 2009 kein Streitwert mehr bei Scheidung

Bis zur Mitte des Jahres 2009 galt für Scheidungsverfahren der Streitwert nach dem GKG (Gerichtskostengesetz). Ab dem 01.09.2009 gilt jedoch hier der neu definierte Verfahrenswert nach FamGKG.

Warum ist der Verfahrenswert so wichtig?

Die Bedeutung des Werts eines Gerichtsverfahrens ist grundsätzlich einfach zu benennen. Die Kosten des Verfahrens. Denn für den Verfahrensablauf an sich, ist es grundsätzlich nicht weiter von Bedeutung welchen Wert einzelne Verfahrensgegenstände haben. Bei einer Scheidung ist somit nicht wichtig ob es sich bei der ehelichen Wohnung um Eigentum oder eine Mietwohnung handelt. Für die Berechnung der anfallenden Verfahrenskosten ist hier jedoch ein wichtiger Unterschied zu machen. Denn der Wert des Verfahrens ist die Grundlage für die Berechnung der Scheidungskosten oder, ob bei eingeschränkten finanziellen Mitteln Prozesskostenhilfe gewährt werden kann.

Wie hoch die anfallenden Scheidungskosten sind, regelt der Gesetzgeber im Gerichtskostengesetz und im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Liegt der Verfahrenswert beispielsweise bei 4.000 Euro, so betragen die gesamten Scheidungskosten mindestens 917,50 Euro – hier sind Anwalts- und Gerichtskosten eingerechnet. Dabei geht rund ¼ der Summe an das Gericht und ¾ an Ihre anwaltliche Vertretung. Liegt der Gegenstandswert des Verfahrens höher, so steigen auch die anfallenden Kosten.

Berechnung des Verfahrenswert einer Scheidung

Der Verfahrenswert umfasst allgemein alle Gegenstände, die im Scheidungsverfahren betrachtet und verhandelt werden. Aus diesem Grunde wird er auch Gegenstandswert des Scheidungsverfahrens genannt. Geht es beispielsweise um ein Bankkonto, eine Immobilie oder Anteilsrechte an einem Unternehmen, so lässt sich der Gegenstandswert relativ leicht und eindeutig bestimmen. Eine Scheidung ist hingegen komplex und setzt sich aus unterschiedlichen, vermögensrechtlichen Aspekte zusammen. Denn kann der Verfahrenswert der Scheidung anhand folgender Berechnungsformel ermittelt werden:

Berechnung des Verfahrenwerts

(Nettoeinkommen Ehegatte 1 + Nettoeinkommen Ehegatte 2) * 3 + 10 % Versorgungsausgleich = Verfahrenswert

Sollten die Ehegatten nicht über regelmäßiges Einkommen verfügen, so wird ein Quartalsdurchschnitt für die Berechnung herangezogen. Bezüglich des Versorgungsausgleichs ist dieser nur dann mit 10% zu berechnen, wenn die Ehegatten in den letzten drei Monaten zusammen mehr als 10.000,00 Nettoeinkommen hatten. Unter diesem Grenzwert wird der Mindest Pauschalbetrag in Höhe von 1.000,00 Euro herangezogen. Zudem sollten Sie bedenken, dass es möglich sein kann, auf den Versorgungsausgleich zu verzichten. In diesem Fall wird auf die Hinzurechnung der Ausgleichssumme in der Festlegung des Verfahrenswertes verzichtet.

Jedoch kommt kaum eine Scheidung in Deutschland damit aus, den Wert des Scheidungsverfahrens allein anhand des Einkommens der Ehegatten zu berechnen. Zusätzliche Faktoren wie Unterhalt, Kinder oder sonstige Ehesachen werden ebenso in der Berechnung des Werts berücksichtigt. Es gibt jedoch noch weitere Verfahrenswerte, die im FamGKG zu finden sind. Eine Scheidung kann mitunter sehr komplex werden, weshalb wir Ihnen exemplarisch die wichtigsten Anhaltspunkte vorstellen:

  • Ehesachen nach § 43 FamGKG: Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Neben dem Einkommen wird auch vorhandenes Vermögen beim Verfahrens- / Streitwert berücksichtigt. Das Gesetz legt einen Mindestwert von 3.000 Euro fest. Gleichzeitig kann der hieraus resultierende Verfahrenswert die 1.000.000 Euro Grenze nicht überschreiten.
  • Versorgungsausgleichssachen nach § 50 FamGKG: hier wird festgelegt, dass für jedes Anrecht 10 % des Gesamteinkommens (3 Monate) angerechnet werden. Mindestens jedoch 1.000 Euro. Diese Kosten können sich gegebenenfalls verdoppeln, wenn beiden Ehegatten ein solches Anrecht zukommt.
  • Unterhaltssachen nach § 51 FamGKG: Ein Jahresbetrag des Unterhaltes zuzüglich rückständiger Unterhaltsbeiträge werden auf den Verfahrenswert angerechnet.
  • Kindschaftssachen nach § 44 FamGKG: Durch diesen Kostenfaktor wird der Verhandlung über Sorgerecht und Umgangsrecht Rechnung getragen. Hier wird ein Wert von 20 % des Verfahrenswertes hinzugerechnet. Der Betrag ist gesetzlich auf 4.000 Euro gedeckelt (übersteigt diesen nicht).

Kostenfaktoren bei strittigen Scheidungsfolgen

Besonders dann, wenn es nicht zu einer einvernehmlichen Scheidung kommt, werden die Verfahrenskosten und der Verfahrenswert durch weitere Folgesachen, die im Zuge des Scheidungsverfahrens geregelt werden müssen,  in die Höhe getrieben. Das Problem ist, je mehr Aspekte in der Verhandlung betrachtet werden, umso höher fallen die Scheidungskosten aus. Folgende Kosten treten zum eigentlichen Streitwert hinzu:

  • Streitigkeiten über die eheliche Wohnung: 12 Monatsmieten
  • Hausratsteilung: der gesamte Gegenwert der aufzuteilenden Vermögenswerte
  • Zugewinnausgleich bei Zugewinngemeinschaft: der gesamte Wert, der von dem Ehegatten als Zugewinnausgleich gefordert werden kann.

Diese Aufzählung war nicht abschließend und es gibt viele weitere Faktoren, die Einfluss auf den Verfahrens- bzw. Streitwert nehmen können. Lassen Sie sich im Fall einer strittigen Scheidung in jedem Fall im Voraus von einem Rechtsanwalt für Familienrecht beraten.

Juristische Beratung bei strittiger Scheidung!
Gerade bei einer nicht einvernehmlichen Scheidung ist der Anwalt wesentlich. Um den Überblick zu behalten sollten Sie einen Scheidungsanwalt hinzuziehen!

Beispiel Berechnung: Gegenstandswert Scheidung

Insgesamt werden bei der Berechnung des Verfahrenswertes viel Einzelposten addiert, um so auf einen Gesamtbetrag zu kommen. Damit Sie sich diese Rechnung besser vorstellen und gegebenenfalls mit Ihren eigenen Werten nachstellen können, haben wir Ihnen ein vereinfachtes Beispiel aufbereitet: Die Ausgangssituation ist wie folgt: Sie möchten sich einvernehmlich scheiden lassen, sind Doppelverdiener und haben zwei Kinder, die jeweils einen Unterhaltsanspruch haben. Weiteres Vermögen gibt es nicht.

Im ersten Schritt betrachten wir Ihr Einkommen. Sie verdienen 2.000 Euro und Ihr Partner 4.000 Euro. Das Einkommen ist regelmäßig und verändert sich nicht. Zusammengenommen verdienen Sie also 6.000 Euro im Monat. Dieser Betrag wird nun mit 3 multipliziert, da das Quartals-Einkommen zur Verfahrenswertermittlung herangezogen wird. Das ist in § 43 FamGKG festgelegt:

  • 6.000 * 3 = 18.000 Euro Verfahrenswert allein durch das Einkommen

Zu diesem kommt nun noch der 10 % Zuschlag für den Versorgungsausgleich: 1.800 Euro.  und die Pauschale von 250 Euro pro Monat (pro Kind) wird subtrahiert (750 Euro * 2 Kinder = -1.500 Euro). So kommen Sie auf einen Betrag von 18.300 Euro. Bedenken Sie, dass diese Rechnung stark vereinfacht ist. Dieser einfache Rechenweg eignet sich lediglich, um die Gesamtkosten / den Streitwert grob abschätzen zu können. Käme nun beispielsweise eine Streitigkeit über eine eheliche Wohnung, die 1.000 Euro Miete pro Monat kostet, hinzu, so würde der Verfahrenswert um weitere 12.000 Euro auf 30.300 Euro anwachsen.

Streitwert berechnen bei Alleinverdienern:

Diese Rechnung funktioniert genauso bei einem Alleinverdiener. Dabei ist das Einkommen des anderen Ehepartners 0, was das Gesamtnettoeinkommen häufig geringer, als bei Doppelverdienern ausfallen lässt. Stellen Sie sich vor, Sie würden 2.000 Euro verdienen, während sich der Partner um die Kinder kümmert und keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Dann läge der Verfahrenswert (2.000 Euro * 3) bei 6.000 Euro. 10 % für den Versorgungsausgleich sind in diesem Fall nicht anwendbar, da ein Betrag von unter 900 Euro herauskommen würde. Es wird der Mindest Pauschalbetrag von 1.000 Euro angenommen. Gleichzeitig wird erneut der Pauschalbetrag für die zwei Kinder abgezogen.

  • 6.000 Euro + (1.000 Euro) – 1.500 Euro = 5.500 Euro vorläufiger Verfahrenswert.

Wer legt den Streitwert schlussendlich fest?

Am Ende entscheidet das Gericht über den Streitwert bzw. den Verfahrenswert. Dafür werden teilweise sogar unterschiedliche Indikatoren herangezogen bzw. berücksichtigt. Informieren Sie sich am besten im Voraus, wie das Gericht die Scheidungskosten berechnet. Entgegen der gängigen Praxis, dass der Prozessverlierer die gesamten Scheidungskosten tragen muss, ist es im Familienrecht so, dass:

  • Jeder für die eigenen Anwaltskosten aufkommt.
  • Die Gerichtskosten zwischen den beiden Ex-Ehegatten aufgeteilt werden.

Möglichkeit der Verfahrenskostenhilfe

Eine Scheidung kann mitunter sehr teuer werden und nicht immer sind beide Parteien in der Lage die Gerichtskosten und die Anwaltskosten zu tragen. In diesen Fällen gibt es die Möglichkeit Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Vor ein paar Jahren hieß das noch Prozesskostenhilfe, dieser Terminus ist jedoch veraltet. Damit Verfahrenskostenhilfe gewährt wird, müssen regelmäßig zwei Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Antragsteller ist nicht in der Lage die Kosten selbst zu decken (Bedürftigkeit)
  • Das Verfahren hat Aussicht auf Erfolg.

Der Staat hat dabei die Möglichkeit ein rückzahlungsfreies Darlehen zu geben oder die Zahlung an die Auflage zu binden, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt rückerstattet werden muss. Die Rückzahlung ist meist daran geknüpft, dass sie nur dann zu leisten ist, wenn sich die finanzielle Situation innerhalb von vier Jahren verbessert.

Wie kann ein Anwalt helfen?

In einem Scheidungsverfahren herrscht in Deutschland Anwaltszwang und mithin müssen Sie so oder so einen Anwalt engagieren. Lassen Sie sich von dem Anwalt für Familienrecht Ihres Vertrauens beraten – dieser hilft Ihnen unter anderem den Verfahrenswert im Voraus einzuschätzen. Gleichzeitig ist er der Ansprechpartner, wenn es um eine Kostenschätzung oder einen Kostenvoranschlag für das Anwaltshonorar geht. Ihr Anwalt für Familienrecht berät Sie außerdem in allen Scheidungssachen und kann helfen Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen. Das ist ratsam, da sich so hohe Gerichtskosten vermeiden lassen. Allgemein unterstützt Sie Ihr Anwalt dabei, die Scheidung so kostengünstig, wie möglich abzuwickeln. Besonders spezielle Scheidungsfolgen sind für den Laien nur schwer zu erkennen, geschweige denn in ihrem Umfang abzuschätzen. Ein Anwalt kennt sich hier bestens aus und übernimmt die vollständige Berechnung des Streitwertes / des Verfahrenswertes.

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FAQ: Streitwert Scheidung

Der Streitwert beziffert den geldwerten Gegenwert eines Verfahrens bzw. eines Prozesses. Im Familienrecht spricht man deshalb auch von Verfahrenswert. Möchten Sie sich scheiden lassen, so ist das Verfahrenswert maßgeblich dafür, wie viel die Scheidung Sie schlussendlich kosten wird. Er setzt sich aus unterschiedlichen Faktoren zusammen (z.B. Einkommen, Kinder, Vermögen, Versorgungsausgleich und andere Scheidungsfolgen – Wohnung, Hausrat usw.) und ist für den Laien nur schwer zu berechnen.

Der Streitwert ist nicht mit den Verfahrenskosten gleichzusetzen. Der Verfahrenswert bzw. Streitwert fällt meist um ein Vielfaches höher aus, als die tatsächlich entstehenden Kosten. Bei einem Verfahrenswert (Scheidung) von 4.000 Euro entstehen nur rund 1.000 Euro Kosten. Die Festlegung der Gerichts- und Anwaltskosten richtet sich nach den entsprechenden Gesetzen und Tabellen. Diese sind wiederum nach Verfahrenswert gestaffelt.

Der Streitwert / Verfahrenswert ist für die Abrechnung des Scheidungsverfahrens entscheidend. Je höher der Verfahrenswert, umso teurer werden die Verfahrenskosten, die Sie tatsächlich tragen müssen (Anwaltskosten, Gerichtskosten, Mediator, Gutachter usw.).

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Ein Beitrag der juristischen Redaktion

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