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Online Scheidung § Ablauf, Kosten & mehr

Ist die Entscheidung für eine Scheidung gefallen, sollte es im besten Fall auch schnell gehen – mehr und mehr Scheidungswillige interessieren sich daher für eine Online Scheidung. Doch was hat es mit dieser scheinbaren digitalen Form der Eheauflösung auf sich? Im nun folgenden Beitrag möchten wir Ihnen aufzeigen, was unter einer Online Scheidung verstanden werden kann, welche Besonderheiten bei dieser Scheidungsform zu erwarten sind und warum eine rein digitale Scheidung in Deutschland grundsätzlich nicht möglich ist.

Inhaltsverzeichnis

Grundsätzliches zur Online Scheidung

Mit dem Voranschreiten der Digitalisierung in Deutschland rückt der Begriff der Online Scheidung mehr und mehr ins Bewusstsein jener Menschen, die ihre Ehe scheiden lassen möchten. Auf den ersten Blick scheint diese Form der Ehescheidung schnell und auch kostengünstiger zu sein. Doch grundsätzlich ist die Online Scheidung keine eigenständige Scheidungsform die im deutschen Familien- und Scheidungsrecht explizit Erwähnung findet. 

Vielmehr handelt es sich um eine reguläre einvernehmliche Scheidung, bei der die Kommunikation mit dem beauftragten Anwalt digital und somit online erfolgt. Die Online Scheidung ist somit weder eine Möglichkeit “sich mal eben, via Internet, scheiden zu lassen” noch ein beschleunigtes Scheidungsverfahren, bei dem auf eine ordentliche Gerichtsverhandlung verzichtet werden kann.

Besonderheiten der Online-Scheidung

Im deutschen Scheidungsrecht ist eine rein digitale Eheauflösung nicht vorgesehen. Dennoch bietet die Online Scheidung in Deutschland Scheidungswilligen die Möglichkeit, gewisse Abläufe des Scheidungsverfahrens auf einem digitalen Weg zu absolvieren. Die Besonderheiten der digitalen Ehescheidung sind somit nicht auf das Verfahren an sich, sondern vielmehr die Vorbereitung, Kommunikation mit dem Anwalt und digital umsetzbare Schritte im Scheidungsprozess bezogen. Diese Scheidung ist somit in ihrem Ablauf mit herkömmlichen Formen wie der einvernehmlichen Scheidung vergleichbar. Doch im Unterschied zu klassischen Scheidungen bei denen Anwaltstermine zum Ablauf gehören bietet die Online Scheidung folgende vorteilhafte Besonderheiten:

  • Kommunikation zw. Anwalt und Mandant erfolgt in der Regel digital (E-Mail)
  • Besprechungen mit dem Anwalt erfolgen telefonisch oder per Video-Call
  • Vom Anwalt benötigte Unterlagen werden digital oder postalisch übermittelt
  • Anwalt und Mandant treffen erst vor Gericht aufeinander
  • Zeit und Geld für Termine in der Kanzlei kann gespart werden

Eine sogenannte Onlinescheidung meint somit lediglich, dass Sie sich nicht persönlich mit Ihrem Anwalt im Vorfeld der Scheidung in dessen Kanzlei treffen müssen. Die gesamte Korrespondenz und Kommunikation läuft online, telefonisch oder per Post. Bedenken Sie an diese Stelle bereits, dass eine dadurch beschleunigte Scheidung (fälschlicherweise oftmals auch als Blitzscheidung bezeichnet) wenn überhaupt nur dann in Frage kommt, wenn Sie eine einvernehmliche Scheidung anstreben und der Verfahrenswert nicht besonders hoch ist.

Anwaltspflicht nur für Antragsteller

Wer sich “online scheiden” lassen möchte, muss zwingend von einem Anwalt vertreten werden. Dem nicht Antragstellende Ehepartner hingegen ist es freigestellt ob er sich anwaltlich vertreten lässt oder nicht.

Ablauf einer Onlinescheidung

Die Online Scheidung ist, trotz Ihrer Besonderheiten, in ihrem Ablauf grundsätzlich mit einer regulären einvernehmlichen Scheidung vergleichbar. So muss zum Beispiel gemäß §1565 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Ehe als gescheitert angesehen werden können, um eine Scheidung einleiten zu können. Auch bei der digitalen Variante des Scheidungsverlaufs muss hierfür das Trennungsjahr vollzogen werden, um das Scheitern der Ehe nachzuweisen. Eine Anwendung des Härtefalls ist natürlich möglich, doch wie auch bei regulären Verfahren, ist diese an hohe rechtliche Hürden gebunden. Der Ablauf der online eingeleiteten Scheidung lässt sich nach Erfüllung der Voraussetzungen für eine Ehescheidung in Deutschland wie folgt zusammenfassen:

  • Kontaktaufnahme mit einem Anwalt für Familien- und Scheidungsrecht
  • Ausfüllen des Scheidungsantragsformular & Übermittlung an den Anwalt
  • Beratungstermin mit dem Anwalt zur Beantwortung offener Fragen
    Klärung des weiteren Ablaufs sowie ggf. Übermittlung weiterer benötigter Unterlagen
  • Einreichung des Scheidungsantrags durch den Anwalt beim zuständigen Familiengericht
  • Benachrichtigung des Ehepartners  (Zustellung des Scheidungsantrags)
  • Gerichtstermin(e) zur gerichtlichen Auflösung der Ehe
  • der Scheidungsbeschluss ergeht
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Erstkontakt mit dem Scheidungsanwalt

Entgegen einer herkömmlichen Scheidung, bei der nicht selten im Vorfeld mehrere Termine in der Kanzlei des Scheidungsanwalts benötigt werden, ermöglicht die Online Scheidung eine durchaus schnelle und überaus flexible Kontaktaufnahme und Einleitung des Scheidungsverfahrens. Denn der Erstkontakt mit dem Anwalt erfolgt in der Regel über eine Anfrage oder ein Anfrageformular, in dem nicht nur das Interesse einer sogenannten Mandatsübernahme bekundet wird, sondern dem Anwalt direkt wichtige Informationen zum Scheidungsbegehren mitgeteilt werden. Obgleich nicht jeder Anwalt die gleichen Informationen im Vorfeld abfragt ist es durchaus üblich, das bereits vor dem ersten persönlichen Kontakt mitunter folgende Informationen an den Anwalt übermittelt werden:

  • Angaben zur eigenen Person
  • Angaben zum Ehepartner
  • Angaben zum Trennungszeitpunkt
  • Angaben zur Eheschließung ggf. vorhandenen Ehevertrag
  • Angaben zu gemeinsamen Kindern

Zudem wird im Zuge der Übermittlung dieser Informationen auch eine Vollmacht an den Rechtsanwalt erteilt. Denn nur mittels dieser Bevollmächtigung kann der Rechtsanwalt das Mandat übernehmen und somit die nötigen Schritte zur Einleitung des Scheidungsverfahrens einleiten. Hat der Anwalt alle nötigen Informationen, wird in der Regel sehr zeitnah ein erstes Gespräch vereinbart. Dies kann entweder telefonisch oder per Video-Call erfolgen. In diesem Gespräch werden zunächst alle nötigen Fragen geklärt. Zudem wird der Anwalt seinen Mandanten darüber informieren, welche Unterlagen für die Einreichung der Scheidung benötigt werden und wie der weitere Ablauf sein wird.

Der Online-Scheidungsanwalt vertritt nur 1 Ehepartner!

Mit der Erteilung des Mandats vertritt der Online Scheidungsanwalt den Antragsteller, also jenen Ehepartner, der die Scheidung einreichen möchte. Eine Vertretung von beiden Ehepartnern ist nicht möglich.

Einreichung des Scheidungsverfahrens

Sobald alle benötigten Unterlagen und Dokumente dem Anwalt vorliegen, wird dieser den Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht einreichen und somit das Scheidungsverfahren einleiten. Ab nun folgt die Onlinescheidung dem Prozedere des Scheidungsrecht. Dies bedeutet, dass der Ehegatte von der Einleitung des Scheidungsverfahrens informiert wird und der Scheidungsprozess seinen rechtlichen Lauf nimmt. Auch in diesem Stadium der Onlinescheidung werden nötige Termine mit dem Anwalt telefonisch oder via Video-Call durchgeführt. Erst am Tag der Scheidungsverhandlung vor dem Familiengericht treffen Mandant und Rechtsanwalt persönlich aufeinander. Wichtig hierbei ist, dass zu diesem Zeitpunkt die sogenannten Scheidungsfolgen, also alle Belange, die den Unterhalt, die eheliche Wohnung, das Sorgerecht für gemeinsame Kinder etc. betreffen, bereits im Vorfeld geklärt wurden. Bevor der Anwalt für die Online Scheidung also den Antrag auf Ehescheidung beim Familiengericht einreichen kann, müssen mitunter folgende Scheidungsfolgen geklärt werden:

  • Kindesunterhalt
  • Ehegattenunterhalt (nachehelicher Unterhalt)
  • Umgangsrecht für gemeinsame Kinder
  • Sorgerecht für gemeinsame Kinder
  • Aufteilung des Hausrats
  • Klärung von Vermögens Fragen
  • Regelung bzgl. der ehelichen Wohnung
  • Regelung bzgl. bestehender Verbindlichkeiten (Schulden)

Grundsätzlich gilt, auch bei der Onlinescheidung kann die Scheidung erst dann rechtskräftig vollzogen werden, wenn die Scheidungsfolgen geregelt wurden und beide Ehegatten der Auflösung der Ehe zustimmen. Um die Scheidungsfolgen schnell regeln zu können, ist neben einem grundsätzlichen Einvernehmen auch eine gute Vorbereitung nötig. Denn nur wenn im Vorfeld alle benötigten Informationen und Unterlagen an den Anwalt übermittelt wurden, kann dieser eine Vereinbarung ausarbeiten, die gute Aussichten auf Annahme durch die Gegenseite hat. Doch auch hierfür bietet die Online Scheidung den großen Vorteil, dass dafür keine langwierigen Termine in der Kanzlei des Anwalts nötig sind. Alle benötigten Informationen und Unterlagen können einfach per Mail oder Post an den Anwalt übermittelt werden und nötige Absprachen erfolgen erneut via Telefon oder aber mit einem Video Call.

Abschluss des Scheidungsverfahren

Besteht zwischen den Eheleuten beiderseitigen Einvernehmen über den Scheidungswunsch und ist kein Versorgungsausgleich erforderlich, kann das Scheidungsverfahren bei einer Online Scheidung in der Regel zeitnah vollzogen werden und der Scheidungsbeschluss kann ergehen. Dies ist allem voran immer dann der Fall wenn:

  • kein Rentenausgleich erforderlich ist
  • es sich um eine kurze Ehe (max. 3 Jahre) handelt
  • ein Versorgungsausgleich notariell ausgeschlossen wurde

Ist das nicht der Fall, so müssen noch vor dem Gerichtstermin zur Ehescheidung die sogenannten Rentenauskünfte eingeholt werden. In der Regel ist hierfür ein gesonderter Fragebogen auszufüllen, damit der Anwalt die entsprechenden Auskünfte einholen kann, um im Anschluss den Versorgungsausgleich samt Rentenausgleich vornehmen zu können. Ist dies erfolgt, wird der Termin vom Gericht angesetzt und die Auflösung der Ehe kann erfolgen. Das Gericht erlässt hierfür zum Ende der Gerichtsverhandlung einen sogenannten Scheidungsbeschluss, der nach einem Monat Rechtskraft erlangt. Erst mit Rechtskraft ist die Ehe offiziell geschieden.

Kosten einer Online Scheidung

Was eine Scheidung kostet, kann nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden, solange Sie den Verfahrenswert nicht kennen. Die zwei entscheidenden Kostenfaktoren sind auf der einen Seite die Anwaltskosten und auf der anderen Seite die Gebühren, die das Gericht erhebt. Beide Faktoren richten sich nach dem Verfahrenswert, der sich maßgeblich nach Ihrem Einkommen bestimmt. Für den Fall, dass Sie sich scheiden lassen möchten, wird Ihr Anwalt für Familienrecht Sie im Voraus dabei unterstützen, den Verfahrenswert abzuschätzen, damit Sie wissen, auf welche Kosten Sie sich einstellen müssen.
Zudem wird das eigentliche Scheidungsverfahren erst dann vom zuständigen Familiengericht eingeleitet, wenn vom Antragsteller der sogenannte Gerichtskostenvorschuss überwiesen wurde. Im Falle, dass ein Antragsteller aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation (Bedürftigkeit) das Scheidungsverfahren nicht leisten kann, besteht womöglich ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe). Diese muss beim zuständigen Familiengericht beantragt werden und ermöglicht es jenen Personen, die aus finanziellen Gründen die Gerichtskosten nicht selbst tragen können, ein Scheidungsverfahren.

Wie ist eine Online Scheidung zu bewerten?

Da bei einer Online Scheidung der große Unterschied nicht im Scheidungsverfahren an sich, sondern vielmehr bei der Kommunikation mit dem Rechtsanwalt liegt, ist die Bewertung dieser Scheidungsform von individuellen Erwartungen abhängig. Wer sich nicht daran stört, wichtige Gesprächstermine mit dem Anwalt nicht persönlich abzuhalten, ja das sogar bevorzugt, der findet in der Online Scheidung in jedem Fall eine vorteilhafte Möglichkeit, seinen Scheidungswunsch umzusetzen. Wer jedoch den persönlichen Kontakt bevorzugt oder aber zum Beispiel weniger versiert im Umgang mit digitalen Abläufen ist, der wäre sicherlich besser beraten, nötige Gesprächstermine in der Kanzlei des Anwalts zu vereinbaren und somit die klassische Form der rechtlichen Scheidungsvertretung in Anspruch zu nehmen.

So unterstützt Sie ein Anwalt bei der Online Scheidung

Auch die Online Scheidung kommt nicht ohne das Beauftragen eines Anwalts aus. Dementsprechend ist Ihr Anwalt Ihr Ansprechpartner, wenn es um rechtliche Fragen und Unsicherheiten geht. Genau an diesem Punkt wird es für die Online-Scheidung kritisch. In den meisten Fällen ist die Scheidung durch einen “direkten” Anwalt unterm Strich unkomplizierter und für Sie als Mandanten deutlich angenehmer. Hier kommt es jedoch auf Ihre Vorstellungen und Wünsche an.

Ihr Anwalt unterstützt Sie allgemein im gesamten Scheidungsprozess – vom Einreichen des Scheidungsantrages, über die Regelung der Scheidungsfolgen bis hin zur Begleitung im eigentlichen Scheidungsprozess. Sollten Sie sich nicht mit Ihrem Ex-Partner über die wesentlichen Scheidungsfolgen einigen können und es kommt zu einer streitigen Scheidung, empfiehlt sich in jedem Fall ein Anwalt vor Ort. Dieser kann zusätzlich durch Mediation – geführte Streitgespräche – deeskalierend auf die Lage einwirken, was schlussendlich zu niedrigeren Gerichtskosten führt. Ebenso ist ein normaler Anwalt für Familienrecht zu empfehlen, wenn der Verfahrenswert besonders hoch ist.

Fragen zur Online Scheidung?
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FAQ: Online Scheidung

Die Dauer einer Online-Scheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Komplexität des Scheidungsverfahrens, der Zusammenarbeit der Ehepartner und der Geschwindigkeit des Gerichtsverfahrens. Eine Online-Scheidung kann in der Regel zwischen einigen Wochen bis mehreren Monaten abgeschlossen werden, abhängig von den individuellen Umständen des Falls.
Die Verfahrenskostenhilfe kommt immer dann in Frage, wenn der Antragsteller sich das Scheidungsverfahren und den Anwalt nicht leisten kann – die Kosten können nicht gedeckt werden. Abgedeckt werden sowohl Gerichtsgebühren als auch Anwaltskosten. Auch bei einer Online-Scheidung kann die Verfahrenskostenhilfe beantragt werden. Hier gibt es keine Einschränkungen und sofern die grundsätzlichen Voraussetzung für die Bewilligung gegeben sind, werden Sie auch hier finanziell vom Deutschen Staat unterstützt.
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Ein Beitrag der juristischen Redaktion

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