Die Schuldfrage war also ein wichtiger Bezugspunkt im gesamten Scheidungsprozess, während heutzutage keine Nennung der Scheidungsgründe mehr notwendig ist. Das Schuldprinzip wurde abgelöst vom Zerrüttungsprinzip, das heute Geltung hat. Dennoch kommt der Schuldfrage unter gewissen Umständen auch heute noch Bedeutung zu. Die § 1564 bis 1568 BGB widmen sich dem Thema Scheidungsgründe. Sie bilden die aktuelle gesetzliche Grundlage und legen fest, unter welchen Voraussetzungen eine Scheidung vollzogen werden kann. So heißt es in § 1564: „Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. […]“ In den darauffolgenden Paragraphen wird spezifiziert, was einer Scheidung noch vorausgehen muss.
Regelungen zum Ablauf und Ausnahmefällen
Das bereits erwähnte Zerrüttungsprinzip geht aus § 1565 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hervor, demgemäß das Scheitern einer Ehe die Voraussetzung für eine Scheidung bildet. Um dies genauer zu definieren: Wenn die Lebensgemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und mit ihrer Wiederherstellung nicht mehr gerechnet werden kann, wird eine Ehe als gescheitert angesehen. So kann eine Ehe in einigen Fällen nach einem Jahr des Getrenntlebens geschieden werden. Manchmal kann es jedoch für einen der Ehepartner eine „unzumutbare Härte“ darstellen, noch bis Ende des Trennungsjahres auf eine Scheidung zu warten. Für diese Fälle gibt es hier eine Ausnahmeregelung. Nähere Informationen dazu finden Sie weiter unten.
Im Allgemeinen ist es so, dass man zwischen einvernehmlichen und strittigen Scheidungen unterscheiden kann. Bei einer strittigen Scheidung, wenn also keine Einigkeit zwischen den Partnern besteht, wird im Scheidungsprozess geprüft, inwieweit die Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind und ob die Ehe als zerrüttet angesehen werden kann. Die Basis, anhand derer eine Zerrüttung seitens des Gerichts unweigerlich angenommen wird, ergibt sich aus § 1566 BGB. Somit gilt eine Ehe erwiesenermaßen als zerrüttet, wenn beide Ehepartner nach einem Jahr des Getrenntseins in die Scheidung einwilligen (einvernehmliche Scheidung) oder man bereits seit drei Jahren getrennt lebt. In diesem Fall bedarf es keiner Einvernehmlichkeit.
Ergänzt wird dieses Schema noch mit einer Härtefallklausel, die Ausnahmen vorsieht, sobald besondere Gründe angesichts der Interessen gemeinsamer minderjähriger Kinder es unbedingt nahelegen, die Ehe trotz Scheitern aufrechtzuerhalten. Eine weitere Ausnahme besteht, wenn eine Scheidung für einen der Ehepartner eine schwere Härte darstellen würde. Dies kann der Fall sein, wenn derjenige sich in außergewöhnlichen Umständen befindet, in Welchem er eine Scheidung nicht verkraften kann.