Wie wirkt sich ein Versöhnungsversuch auf das Trennungsjahr aus?
Sinn und Zweck des Trennungsjahres ist es letztendlich, dass die Eheleute nochmals über ihr Scheidungsbegehren nachdenken können. Dabei beabsichtigt der Gesetzgeber selbstverständlich auch einen Versöhnungsversuch. Doch wie wirkt sich ein Versöhnungsversuch auf das Trennungsjahr aus? Die Eheleute haben die Möglichkeit, wieder zueinander zu finden. Dabei müssen sie keinesfalls befürchten, dass die laufende Frist unterbrochen wird. Wird jedoch wieder eine häusliche Gemeinschaft hergestellt, gilt das Trennungsjahr als unterbrochen.
Gemeinsame Treffen oder regelmäßiger Geschlechtsverkehr unterbrechen das Trennungsjahr hingegen nicht. Allerdings ist der Zeitraum für den Versöhnungsversuch auf maximal drei Monate beschränkt. Leben die Eheleute seit mehr als drei Monaten wieder zusammen, geht der Gesetzgeber davon aus, dass keine Trennung mehr vorliegt. Scheitert der Versöhnungsversuch hingegen, dann verlängert sich die Trennungsfrist nicht. Das Trennungsjahr verlängert oder verkürzt sich keinesfalls durch einen Versöhnungsversuch.
Versöhnungsversuch von mehr als 3 Monaten
Anders sieht es hingegen bei einem Versöhnungsversuch von mehr als 3 Monaten aus, denn hierbei geht das Familiengericht von einer endgültigen Versöhnung aus. Haben die Ehegatten nun eine Versöhnung über 3 Monate versucht und scheitert dieser Versuch, dann wurde das Trennungsjahr unterbrochen. Um bei der Scheidung das Trennungsjahr nachweisen zu können, muss dieses vollständig vollzogen sein.
Versöhnungsversuch vor dem Scheidungstermin
Manchmal ist es bereits kurz vor 12, wenn sich die Eheleute in letzter Minute anders besinnen. Was geschieht bei einem Versöhnungsversuch vor dem Scheidungstermin? Wir gehen also davon aus, dass die Eheleute einen Versöhnungsversuch unmittelbar vor dem Scheidungstermin wagen, d.h. es sind keine 3 Monate mehr bis zum Scheidungstermin.
In diesem Fall kommt es darauf an, ob der Scheidungsantrag zurückgezogen wird oder nicht. Sobald der Antrag zurückgenommen wird, geht das Gericht von einer Versöhnung aus. Scheitert der Versuch anschließend, so müssen die Eheleute erneut ein Trennungsjahr durchlaufen und einen neuen Scheidungsantrag einreichen.
Sowohl die Rücknahme des ersten Scheidungsantrags als auch die Stellung des zweiten Antrags verursachen zusätzliche Kosten bei der Scheidung. Um Scheidungskosten zu sparen, ist es sinnvoll, das Scheidungsverfahren auszusetzen bzw. ruhend zu stellen. Ist der Versöhnungsversuch erfolgreich, kann der Scheidungsantrag auch zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezogen werden oder bei einem gescheiterten Versöhnungsversuch das Scheidungsverfahren fortgesetzt werden.
Wofür sollte man das Trennungsjahr nutzen?
Abhängig von ihrer individuellen Situation ist es Ihnen überlassen, wofür Sie das Trennungsjahr nutzen sollten. Das Trennungsjahr kann als Bedenkzeit genutzt werden oder als Vorbereitungszeit, um das Scheidungsverfahren in die Wege zu leiten. Laut Gesetzgeber ist das Trennungsjahr als Bedenkzeit zu verstehen, jedoch ist es für viele scheidungswillige Ehepartner die geeignete Zeit, um den Ablauf der Scheidung zu planen.
Innerhalb dieses Zeitraums können alle Scheidungsfolgen in einer Scheidungsfolgenvereinbarung geklärt werden. Dies beschleunigt den Ablauf einer einvernehmlichen Scheidung ungemein. Ebenso können sich die Eheleute um alle notwendigen Unterlagen für den Versorgungsausgleich kümmern und einen Beratungstermin bei den entsprechenden Stellen vereinbaren. Was Sie beim Versorgungsausgleich beachten sollten und welche Ansprechpartner Ihnen weiterhelfen, können Sie in unserem Leitartikel zum Thema lesen.
Versicherungen prüfen & neu abschließen
Überprüfen Sie während des Trennungsjahres auch die gemeinsamen Versicherungen mit Ihrem Ehegatten, denn diese sollten frühzeitig im Rahmen der Kündigungsfristen gekündigt werden. Sind Sie bei Ihrem Ehegatten mitversichert oder Ihr Ehegatte bei Ihnen in der gesetzlichen Familienversicherung krankenversichert, sollte sich der Mitversicherte um eine eigene Versicherung kümmern. Die gemeinsame Versicherung endet 3 Monate nachdem die Scheidung in Kraft tritt.
Aufteilung der Ehewohnung
Ein häufiger Konfliktpunkt ist die Aufteilung der Ehewohnung. Innerhalb des Trennungsjahres kann auch geklärt werden, wer in der Ehewohnung verbleiben kann. Handelt es sich um eine Eigentumswohnung, muss entschieden werden, wer den anderen auszahlt. Bei einer Immobilie, an der beide Ehegatten hälftig Miteigentum haben, ist eine alleinige Finanzierung durch einen Ehegatten nach der Scheidung oft nicht möglich. In diesem Fall muss im Trennungsjahr überlegt werden, wie die Immobilie bestmöglich verkauft werden kann oder ob eine Vermietung des Objekts in Frage kommt.
Bewohnen die Eheleute eine Mietwohnung, muss im Trennungsjahr geklärt werden, inwieweit der Vermieter den ausziehenden Ehegatten aus dem Mietvertrag befreit. Möchte der Vermieter den Ehegatten nicht aus dem Mietvertrag austragen, ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Eheleuten notwendig. Obschon die gemeinsame Haftung der Ehegatten gegenüber dem Vermieter verbleibt, kann der ausgezogene Ehepartner im Notfall den in der Wohnung verbleibenden Ehegatten durch die schriftliche Vereinbarung in Regress nehmen.
Vermögensverhältnisse klären
Ebenso sollten Sie die Vermögensverhältnisse klären und wichtige Dokumente sichern. Obschon der Ehepartner auf Anfrage Auskunft über die Vermögensverhältnisse geben muss, werden in der Praxis häufig nicht alle Vermögenswerte offengelegt. Dies kann zu erheblichen Nachteilen bei der Vermögensaufteilung (siehe auch Gütertrennung, Ehevertrag, Zugewinnausgleich) führen. Daher ist es meist empfehlenswert, die entsprechenden Unterlagen einzusehen und eine Kopie zu erstellen. Insbesondere Gehaltsabrechnungen, Versicherungsverträge oder Papier für die Altersvorsorge oder Unterlagen über Konten, Depots und andere Geldanlagen sind wichtig.
Trennungsjahr gemeinsames Konto
In den meisten Ehen haben die Ehepartner ein gemeinsames Konto oder verfügen über eine Kontovollmacht über das Konto des Ehepartners. Von dem gemeinsamen Konto sollten Sie sich so schnell wie möglich verabschieden und Ihr eigenes Konto eröffnen. Sollte Ihr Partner bisher eine Vollmacht für Ihr Konto gehabt haben, widerrufen Sie diese für Ihr Konto bei Ihrer Bank.
Trennungsjahr und Steuerklasse
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Steuerklasse. Im Grunde genommen kann sich die Steuerklasse im Trennungsjahr ändern, was meistens Vorteile für den weniger Verdienenden und Nachteile für den besserverdienenden Ehegatten hat. Die Änderung der Steuerklasse im Trennungsjahr steht dabei auch in direktem Bezug zum Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt, welche beide anhand der Düsseldorfer Tabelle berechnet werden.
Was geschieht nach Ablauf des Trennungsjahres?
Das Trennungsjahr wurde ordnungsgemäß vollzogen. Was geschieht nun nach dem erfolgreichen Ablauf des gesamten Trennungsjahres? Handelt es sich um eine einvernehmliche Scheidung, dann kann bereits vier Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung eingereicht werden. Bei gegenseitigem Einvernehmen benötigt das Gericht keinen weiteren Beweis.
Anders sieht es aus, wenn ein Ehegatte sich nicht scheiden lassen möchte. Schlimmstenfalls kann die Trennungszeit auf 3 Jahre verlängert werden. Um nach Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung zu vollziehen, muss bewiesen werden, dass eine Wiederaufnahme der Ehe völlig ausgeschlossen ist. Eine Begründung dafür könnte eine neue Partnerschaft sein.
So kann Sie ein Anwalt für Familienrecht unterstützen!
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Deutschland schreibt vor, dass ein Scheidungsantrag über einen Familienrechtsanwalt frühestens nach Ablauf eines Trennungsjahres eingereicht werden darf. Es ist ratsam bereits im Vorfeld einen Rechtsberater für Familienrecht heranzuziehen, um juristische Regelungen abzuklären. Dieser beantwortet Ihnen Fragen zum offiziellen Beginn des Trennungsjahres, welche Formulare für die Scheidung notwendig sind und welche Folgesachen bezüglich Sorgerecht, Unterhaltung und Zugewinnausgleich besprochen werden müssen.
Der Gesetzgeber schützt die Institution der Ehe durch strenge Richtlinien und vollzieht einen Scheidungsbeschluss erst, wenn das Scheitern der Ehe nachgewiesen wurde. Das Trennungsjahr gilt dabei als Probe- und Bedenkzeit, in der sich das Ehepaar ausführliche Gedanken über die Scheidung und dessen Folgen machen soll. In dieser und der möglich folgenden Zeit ist es sinnvoll, sich von einem Anwalt für Familienrecht unterstützen zu lassen.